Differentialdiagnose der spastischen und ataktischen Gangstörungen
H. Stolze, S. Klebe
Klinik für Neurologie Universitätsklinikum Kiel
In der täglichen klinischen Arbeit fällt die Differentialdiagnose, ob eine spastische oder ataktische Gangstörung vorliegt häufig schwer. Vielmehr fällt bei eingehender Untersuchung der Patienten auf, dass sehr viele Patienten unter einer Kombination beider Störungsmuster leiden. Neben den häufigen Diagnosen mit einer spastisch-ataktischen Gangstörung, wie der multiplen Sklerose, einem Querschnittssyndrom oder einer cervicalen Myelopathie muss auch an seltenere, häufig heriditäre Erkrankungen gedacht werden. Eine Kombination aus spastischer und ataktischer Gangstörung können bei den spino-cerebellären Ataxien (SCA), bei der Friedreich Ataxie, bei verschiedenen Formen der heriditären spastischen Spinalparese (HSP) und der Multisystematrophie sowie verschiedenen Formen der Kleinhirnatrophie vorliegen. Bei den entzündlichen Erkrankungen sei vor allem die spastische Gangstörung bei HIV-Infektion, die tropische Paraparese bei HTLV-1 Infektion und die chronische Borreliose und Luesinfektion genannt. Ferner kommen angeborene Stoffwechselstörungen wie die Adrenomyelo-Leukodystrophie und die metachromatische Leukodystrophie sowie andere seltene Stoffwechselstörungen in Betracht. Phänomenologisch sind ataktische Gangstörungen durch ein variables und deutlich verbreitertes Gangbild mit stark aussenrotierten Füssen gekennzeichnet. Die Gelenkwinkel und die Schritthöhe sind nahezu normal. Deutlich akzentuiert wird das ataktische Gangmuster im Seiltänzergang. Beim Leitsymptom spastische Gangstörung sind die Gelenkwinkel, insbesondere der Bewegungsumfang im Kniegelenk deutlich eingeschränkt. Die Schritthöhe ist deutlich vermindert und die Gehgeschwindigkeit fast immer reduziert.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass spastische und ataktische Gangstörungen häufiger als gemischte Störung auftreten und alle o.g. Differentialdiagnosen zur exakten Diagnosenstellung bedacht werden müssen.