Charakterisierung einer neuen Form komplizierter spastischer Paraplegie


Antragstelller: Dr. Christian Beetz, Institut für Klinische Chemie der FSU Jena.

beteiligte Wissenschaftler:

  • Dr. N. O. Dundar und Dr. S. Haspolat, Department of Child Neurology, Faculty of Medicine, Akdeniz University Antalya, Türkei
  • Dr. Rebecca Schüle und Prof. L. Schöls, Hertie Institut für Klinische Hirnforschung, Tübingen
  • Dr. G. Uyanik, Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
  • Prof. C. Hübner und Prof. T. Deufel, Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, Universitätsklinikum Jena
  • Dr. F. Erdogan und Prof. P. Nürnberg, Atlas Biolabs GmbH, Berlin

Die hereditären spastischen Paraplegien (HSP) sind neurodegenerativ bedingte Bewegungsstörungen, deren gemeinsames klinisches Merkmal eine zunehmende Schwäche und Spastik der Beine ist. Dieses Merkmal kann isoliert auftreten (reine Formen) oder mit verschiedensten Zusatzsymptomen assoziiert sein (komplizierte Formen). Alle denkbaren Erbgänge können auftreten.

 Im Rahmen einer Zusammenarbeit einer türkischen mit unserer Arbeitsgruppe gelang die Identifizierung einer großen Familie, in der mehrere Mitglieder ab dem frühen Kindesalter ein spastisches Gangmuster entwickeln. In älteren Patienten treten ataktische Symptome sowie mäßige mentale Retardierung hinzu. Da alle Patienten konsanguinen Partnerschaften entstammen, sind ein rezessiver Erbgang und das Vorliegen einer homozygoten Mutation wahrscheinlich. Eine Kopplung zu in Frage kommenden bekannten rezessiven HSP-Formen konnte ausgeschlossen werden. Eine daraufhin durchgeführte genomweite Analyse ergab starke Kopplung (LOD score 3,6) zu einer genomischen Region, die mit keinem der bekannten Genorte für HSP oder erbliche Ataxie überlappt. Es kann daher vom Vorliegen einer neuen Erbkrankheit ausgegangen werden, für die am ehesten eine Klassifizierung als komplizierte HSP in Frage kommt.

 Das vorliegende Projekt hat folgende Ziele: (i) detaillierte klinische Charakterisierung der Patienten nach standardisierten Kriterien, (ii) Reduktion der Anzahl der Kandidatengene und (iii) Identifizierung der ursächlichen Mutation. Dazu sollen die Patienten zunächst vor Ort durch ausgewiesene Experten untersucht werden. In diesem Zusammenhang soll auch versucht werden, DNA Proben weiterer Familienmitglieder zu akquirieren. Möglicherweise lässt sich so die Kandidatenregion weiter eingrenzen. Darüber hinaus werden Blutproben zur vergleichenden Erfassung des Transkriptoms entnommen werden. Die entsprechenden Daten könnten im Idealfall zur Identifizierung des Gens als in Patienten nicht exprimiert führen. Zumindest aber sollten sie veränderte zelluläre Vorgänge anzeigen und damit weitere Rückschlüsse zur Identität des Gens erlauben. Schlussendlich sollen einige der verbleibenden Kandidatengene sequenziert werden.

 Die erfolgreiche Durchführung der geplanten Arbeiten würde eine Basis für zahlreiche Folgeprojekte darstellen. Zum einen würde die Untersuchung weiterer Patienten die Häufigkeit und das phänotypische Spektrum dieser Krankheit definieren können. Gleichzeitig wäre die Möglichkeit einer Implementierung in die molekulare Routinediagnostik gegeben. Nicht zuletzt würden Anschlussarbeiten zur Funktion des betroffenen Gens ein besseres Verständnis von HSP und verwandten Krankheiten ermöglichen.

Schlussbericht

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