Ermitteln des therapeutischen Potentials von Genreparatur für die erblichen spastischen Spinalparalysen

Dr. Christian Beetz, Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, Universitätsklinikum Jena, 07745 Jena

Projektzusammenfassung

Die erblichen spastischen Spinalparalysen (hereditary spastic paraplegias, HSPs) werden durch Degeneration besonders langer Axone der oberen Motoneuron verursacht. Viele aktuelle Forschungsansätze zielen darauf, die kausal gestörten zellulären Strukturen und/oder Prozesse zu identifizieren. Das Ziel derartiger Projekte ist es, die Ursache-Wirkungs-Ketten zwischen der jeweiligen Mutation und der resultierenden Axondegeneration zu definieren. Es wird gehofft, dass sich aus dem entsprechenden Wissen Ansätze für ursächliche Therapien ableiten lassen. Die derzeitige Datenlage ist jedoch sehr komplex: für viele Gene sind Anomalien in zahlreichen und offensichtlich primär unverwandten zellulären Prozessen bzw. Strukturen beschrieben. Eine Möglichkeit, die pathologische Relevanz der zu Grunde liegenden Beobachtungen zu ermitteln, besteht im Austesten gegensteuernder Maßnahmen an geeigneten in vivo Modellen. Aber würden negative Befunde aus entsprechenden Experimenten tatsächlich bedeuten, dass ein nicht-relevanter zellulärer Prozess bzw. eine nicht-relevante zelluläre Struktur adressiert wurden? Oder kann ein vorgeschädigtes Axon vielleicht gar nicht mehr vor dem Untergang gerettet werden?

Wir schlagen vor, diese aus therapeutischer Sicht hochwichtige Frage mittels somatischer Genreparatur in Mäusen zu adressieren. Wir denken, dass dieser Ansatz, zumindest bei Funktionsverlust als Mutationsmechanismus, den Goldstandard darstellt, an dem jegliche intervenierende Strategie gemessen werden kann bzw. muss. Um die Effekte des Genreparatur-Ansatzes besser beurteilen zu können, haben wir bereits ein neues HSP-Mausmodell generiert. Die Mauslinie zeigt einen sehr früh einsetzenden und sehr schnell progredierenden Phänotyp. Wir planen nun, die ausgeschalteten Genloci derart zu verändern, dass die normale Genstruktur über extern zugeführte Induktoren wieder hergestellt (=repariert) werden kann. Die zu Grunde liegende Herangehensweise wird auf dem Konzept des Rekombinations-vermittelten Kassettenaustauschs (recombination-mediated casette exchange) basieren. Wir hoffen, somit herauszufinden, ob die HSP-spezifische Pathologie für gegensteuernde Maßnahmen prinzipiell zugänglich ist und in welchem Zeitfenster derartige Maßnahmen am effektivsten sind. Wir denken, dass eine erfolgreiche Durchführung des Projekts wichtige Erkenntnisse für jegliche HSP-spezifische Therapieansätze liefern kann. Wir danken der Tom-Wahlig-Stiftung für die großzügige Unterstützung unserer Studie! 

Auf dem Foto von links nach rechts: Kerstin Stein, BSc Andrea Bock, Dr. Christian Beetz, Dr. Amir Jahic, MSc Sven Guenther, Heike Kiesewetter, Annett Büschel